Die Biografiearbeit ist ein wertvolles Werkzeug, um deinem Pflegekind zu helfen, seine Vergangenheit zu verstehen und eine stabile Identität zu entwickeln. Vielleicht fragst du dich, wo du am besten anfängst. Keine Sorge – es muss kein komplizierter Prozess sein. In kleinen Schritten kannst du viel bewirken. Hier sind einige Tipps, um euch den Einstieg zu erleichtern:
1. Sicherer Raum für Gespräche
Bevor du mit der Biografiearbeit beginnst, ist es wichtig, dass dein Pflegekind weiß, dass es in einem sicheren Raum ist. Du schaffst diesen Raum, indem du immer wieder klar machst: „Alles, was du fühlst, ist in Ordnung.“ Es geht nicht darum, Antworten zu erzwingen oder tief in schmerzhafte Erinnerungen zu bohren, sondern deinem Kind zu zeigen, dass seine Geschichte wertvoll ist.
2. Erzähle und höre zu
Kinder öffnen sich oft, wenn sie merken, dass du selbst offen über deine Erfahrungen sprichst. Teile sanft Geschichten aus deiner eigenen Kindheit – über deine Familie, deinen Alltag oder besondere Momente. Das kann ein erster Anreiz sein, dass dein Pflegekind sich ebenfalls traut, von sich zu erzählen. Doch noch wichtiger ist: Sei geduldig und hör zu, wenn dein Kind anfängt, seine Gedanken und Gefühle zu teilen. Manchmal reichen kleine Puzzleteile, um den nächsten Schritt zu gehen.
3. Respektiere die Herkunftsfamilie
Ein entscheidender Teil der Biografiearbeit mit Pflegekindern ist es, die Herkunftsfamilie wertfrei und mit Respekt zu betrachten. Auch wenn es Konflikte oder schwierige Situationen in der Vergangenheit gab, ist die Herkunftsfamilie ein zentraler Teil der Identität deines Kindes. Zeig deinem Pflegekind, dass du seine Geschichte vollständig akzeptierst, ohne zu bewerten.
4. Verwende kreative Methoden
Nicht jedes Kind ist bereit, sofort über seine Vergangenheit zu sprechen. Hier können kreative Methoden helfen, zum Beispiel das Zeichnen eines Familienbaums oder das Erstellen eines „Lebensbuchs“. In diesem Buch kann dein Kind Fotos, Zeichnungen oder kleine Erinnerungen sammeln. Es ist ein Ort, an dem seine Geschichte nach und nach sichtbar wird – und das in seinem eigenen Tempo.
Das Lebensbuch gibt es übrigens auch als Vorlage zum Beispiel in dieser Form beim Eylarduswerk, Diakonische Kinder-, Jugend- und Familienhilfe e.V.
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5. Gib deinem Kind die Kontrolle
Besonders für Pflegekinder, die vielleicht das Gefühl haben, dass sie wenig Kontrolle über ihr Leben hatten, kann es stärkend sein, die Kontrolle über die Biografiearbeit zu haben. Lass dein Kind selbst entscheiden, wann, wie und was es erzählen möchte. Du kannst anbieten, zu helfen, aber zwinge nichts auf.
6. Unterstützung suchen
Manchmal können bestimmte Themen oder Gefühle schwer zu bewältigen sein – für dich oder dein Pflegekind. In solchen Fällen ist es völlig in Ordnung, sich Unterstützung von außen zu holen. Ob durch einen Therapeuten, einen Coach oder andere Pflegeeltern: Ihr müsst diesen Weg nicht allein gehen.
7. Geduld und Zeit
Die Biografiearbeit ist kein Projekt, das in einer Woche abgeschlossen ist. Es ist ein langfristiger Prozess, der viel Geduld erfordert – von dir und deinem Kind. Kleine Fortschritte sind genauso wertvoll wie große. Hab Vertrauen in den Prozess und feiere jeden Schritt, den dein Kind macht.
Biografiearbeit kann deinem Pflegekind helfen, zu verstehen, wer es ist, wo es herkommt und wohin es geht. Es geht darum, ein Fundament für eine gesunde Identitätsentwicklung zu legen und dein Kind auf seinem Weg zu unterstützen. Gemeinsam könnt ihr eine Geschichte aufbauen, die euer Kind stärkt und ihm Selbstbewusstsein für die Zukunft gibt.
Du bist nicht allein auf diesem Weg – und dein Pflegekind auch nicht.
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